Kampagne ¿otto ist kultur¿ Der Uhrmacher als Kulturmacher
Mit ihrer Kampagne „otto ist kultur“ zeigt die Stadt Magdeburg ihr vielseitiges Kulturleben Ein „Kulturmacher“ und Gesicht der Kampagne ist Uhrmachermeister Ulrich Seligmann - ein Porträt.
Mit der Zeit zu gehen, das hat für Ulrich Seligmann viele Bedeutungen. Im Jahr 1933 legt sein Großvater den Grundstein für den Familienbetrieb, den der Magdeburger Uhrmachermeister in dritter Generation führt. In seiner Kindheit ist er umgeben von Zahnrädchen, filigranen Werkzeugen, von Mechanik, die ihn begeistert. „Pfriemeln“ und fummeln, tüfteln und staunen, wie sich alles auf kleinstem Raum bewegt, das fasziniert ihn schon damals.
Das Handwerk des Uhrmachers erlernt Ulrich Seligmann in der elterlichen Werkstatt. „Zu DDR-Zeiten war es einfach so, dass die Kinder den Betrieb übernommen haben“, sagt er. Auch für ihn ist es folgerichtig, 1981 ins Geschäft in Salbke miteinzusteigen, das der Vater dort aus der Taufe gehoben hat. Sieben Jahre später macht er seinen Meister. Das alles hat er nie bereut, prophezeit jedoch, dass es „eine vierte Generation in unserem Betrieb nicht geben wird“. Seinem 17-jährigen Sohn rät er, „seinen eigenen Weg einzuschlagen“.
Dies liege vor allem an der Zeit und der Gesellschaft, die sich verändere. „Alles“, so der 53-Jährige, sei „viel schnelllebiger geworden“. „Früher war es wichtig, Uhren zu erhalten, heute tauscht man die alte eben gegen ein neues Exemplar“, so Ulrich Seligmann. Dazu käme, dass viele Firmen bei Reparaturen einen eigenen Service anbieten, der von Industrie-Uhrmachern erledigt wird. „Es sieht ganz danach aus, dass unser Beruf aussterben wird“, meint der Magdeburger. Es schwingt keine Nostalgie mit, wenn der Geschäftsmann das sagt. „Alles hat seine Zeit“, erklärt er.
Seine Liebe zum Beruf ist geblieben, auch, wenn man sich dabei die Hände schmutzig macht, sechs Tage in der Woche von morgens bis abends im Geschäft sein muss. Kunden zu beraten, das hat ihm schon immer gefallen und in seiner Frau Andrea hat er eine Mitstreiterin gefunden. Gemeinsam führen sie den Laden am Ulrichplatz, über dem steht: „Uhrmachermeister und Juwelier“. Landet ein gutes altes Stück „Zeitgeschichte“ auf dem Ladentisch, leuchten die Augen des Tüftlers. „Wenn man sieht, dass sich Menschen vor 150 Jahren mit dieser Mechanik beschäftig haben und ich sie wieder reparieren konnte, ist das eine Freude“, sagt er. Nur leben könne man davon in kommenden Zeiten nicht mehr.
Dabei spiele auch eine Rolle, dass sich das Einkaufsverhalten der Menschen verändere, so Ulrich Seligmann. Er sagt: „Die Einkaufskultur verschiebt sich zum Online-Handel. Bequem bestellen, Lieferservice, das wird für viele immer wichtiger.“ Für den Einzelhandel sei das keine gute Entwicklung. Gerade darum ist es dem Magdeburger wichtig, sich einzumischen, seine Meinung zum Handel in der Innenstadt zu sagen. „Uns fehlt hier eindeutig ein Zentrum. Und wir müssten unsere Mitte noch weiter verdichten“, erklärt er.
Am liebsten sähe er es, wenn die Menschen über einen Boulevard flanieren könnten. Ulrich Seligmann liebt „sein Magdeburg“, könnte sich nicht vorstellen, hier wegzugehen. Genau darum setzt er sich kritisch mit der Stadtentwicklung auseinander. Er meint: „In Magdeburg hat sich in den letzten 20 Jahren unglaublich viel getan, aber es war eben nicht alles gut. Allein, wenn ich daran denke, dass dies hier eine der schönsten Barockstädte weit und
breit war und nicht viel davon übrig geblieben ist.“ Ihm selbst bleibt nicht oft Zeit, durch die Straßen zu bummeln. Wenn zwischen Verkauf, Beratung, Reparatur und allem anderen, was zum Traditionsgeschäft gehört, ein paar Stunden „übrig bleiben“, macht der Uhrmachermeister gern Sport, schwimmt oder läuft. Besonders mag er, erzählt Ulrich Seligmann, abends an der Elbe nach Hause zu radeln. Von der Innenstadt nach Salbke, wo früher das Geschäft war und wo er heute wohnt. Dabei geht es immer am Fluss lang, „durchs Grüne“. „Dass wir jetzt unsere Elbe endlich mehr in die Stadt einbeziehen, ist wirklich toll“, meint er.
Die Elbe müsse er sehen, könne sich nicht vorstellen, von hier wegzugehen, sagt Ulrich Seligmann. „Wenn ich ein paar Tage weg bin, freue ich mich immer, das Ortseingangsschild wiederzusehen.“ Und er sieht es auch gern, dass sich Magdeburg um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2025“ bewirbt. „Alles, was hilft, unsere Stadt bekannter zu machen, ist gut“, meint er. Denn: Auch hierbei hält er es für wichtig, „mit der Zeit zu gehen“.
Quelle:
Broschüre „Kulturmacher in Magdeburg“ Hrsg- Stadtmarketing „PRO MAGDEBURG“ e.V., Magdeburg 2018
Informationen unter www.stadtmarketing-magdeburg.de