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Teil 8 - Orgel- und Harmoniumbauermeister Johannes Hüfken aus Halberstadt
Diese Königin hat ihre besten Zeiten schon sehr lange hinter sich. Die Orgel aus der Cäcilienkirche in Alsleben (Saale) brannte 1972 und fristet seitdem ihr Dasein. Eine Seite rußschwarz, die Klaviatur verdreckt, verrostete Registerrippen, plattgedrückte Pfeiffen - ein Trauerspiel. Aber nicht für Johannes Hüfken! Der Orgel- und Harmoniumbaumeister aus Halberstadt restauriert das Instrument derzeit mit seinem Team in der heimischen Werkstatt. Dass es 2019 wieder planmäßig erklingen wird, ist für ihn so sicher wie das Amen in der Kirche.
Im Unternehmen, das von Johannes‘ Vater Reinhard Hüfken geführt wird, arbeiten neun Angestellte und ein Auszubildender. Es ist u. a. spezialisiert auf Röver-Orgeln wie die aus Alsleben. Ernst Röver betrieb von 1884 bis in die 1920er-Jahre eine erfolgreiche Orgelbaufirma in Hausneindorf bei Quedlinburg. 57 von 78 erhaltenen Röver-Orgeln stehen heute in Sachsen-Anhalt, auch im Magdeburger und im Halberstädter Dom. Sie sind etwas Besonderes. Denn Röver perfektionierte die pneumatische Kastenlade, er reduzierte Tonverzögerungen, indem er statt des Zustroms das Abstrom-Prinzip zugrunde legte. „Ein richtig pfiffiger Ingenieur“, ist Johannes Hüfken begeistert und demonstriert an den Bauteilen der Alsleber Orgel, wie dieses System funktioniert.
„Wir müssen jede Orgel studieren und verstehen, damit wir sie im Sinne des Erbauers restaurieren können“, erklärt Johannes Hüfken die Herausforderung seines Berufs, den er ganz offensichtlich liebt. Orgelbau und -reparatur hat er als Kind in der Werkstatt seines Vaters erlebt, als Jugendlicher an Harmonien erprobt und schließlich in Baden-Württemberg gelernt - in Ludwigsburg absolvierte er Ausbildung und Meisterschule. Sein Meisterstück ist ein seltenes Instrument: ein Claviorganum, eine Kreuzung aus Orgel und Cembalo. Klingt klasse, wenn der Meister in der Werkstatt in die Tasten greift. Für den Orgelbau braucht es eben auch Musikverstand.
Sein Ausbildungsbetrieb brachte Hüfken Auslandserfahrungen: beim Bau der Orgel für die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, in Italien und der Schweiz. Bei einem neunmonatigen Praktikum hat er einen Einblick in wichtige Londoner Orgeln erhalten.
Mit dem Eintritt in die väterliche Firma vor 13 Jahren waren in Sachen Ausland noch längst nicht alle Register gezogen: Nach Moskau wurden die Orgelbauer aus Halberstadt gerufen. Eine ganz besondere Erfahrung, nahmen doch die Gemeinden dort intensiv Anteil an der Arbeit der Handwerker. „Die Russen haben eine enge Beziehung zur Musik. Die Orgel wird hoch geachtet“, berichtet Johannes Hüfken, der in diesen Tagen gerade wieder von einem Auftrag aus Moskau zurückgekehrt ist - es wird nicht der letzte in Russland gewesen sein.
Auch in Deutschland haben die Hüfkens dankbare Auftraggeber. „Die Kirche ist ein sehr engagierter und verlässlicher Partner“, sagt Johannes Hüfken, der als evangelischer Christ auch persönlich einen Draht zur Kirche hat. Dass alle Christen Priester seien, also eine Mitverantwortung für die Sache Jesu haben, ist für den 37-jährigen Vater von fünf Kindern ein besonders wichtiger Satz aus dem Munde Martin Luthers. Die christlichen Werte sind täglicher Maßstab bei Orgelbau Hüfken und werden es auch bleiben, wenn Johannes Hüfken in absehbarer Zeit die Leitung des Hauses übernimmt. (ag)
Kontakt:
www.orgelbau-huefken.de
Teil 1 - Paramentikerin Gudrun Willenbockel aus Magdeburg
Teil 2 - Steinmetz Peter Beneke aus Magdeburg
Teil 3 - Baudenkmalpfleger Christian Lellau aus Hoppenstedt
Teil 4 - Maurer Dirk Rothe und Dachdecker Norbert Augner aus Rieder
Teil 5 - Metallbauer Bernd Falke aus Klein Schwechten